Das Impostor-Syndrom bzw. Hochstapler-Syndrom
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Du hast noch nie etwas vom Impostor-Syndrom gehört? Ich auch nicht, also sein ganz unbesorgt. Dennoch ist es im Kontext Unternehmertum wohl der »Hidden Champion«. Keiner kennt ihn so richtig, dennoch ist er ständig präsent.
Wie nähern wir uns jetzt diesem Thema? Am besten, wie immer, indem wir Wikipedia bemühen.
Das Impostor-Syndrom oder Hochstapler-Syndrom ist ein psychologisches Phänomen, bei dem Betroffene von massiven Selbstzweifeln geplagt sind. Selbstzweifel hinsichtlich eigener Fähigkeiten, Leistungen, Erfolge. Sie sind unfähig ihre persönlichen Erfolge zu internalisieren, also in einen allgemeinen gesellschaftlichen Werte-Kontext zu integrieren.
Eingeführt wurde der Begriff »Hochstapler-Syndrom« erstmalig 1978 in einem Artikel von Pauline R. Clance und Suzanne A. Imes. Nach ihrer Beobachtung hatten damals speziell sehr erfolgreiche Frauen oft große Selbstzweifel und nahmen an, dass sie nicht intelligent genug sein bzw. ihre eigene Leistung durch Dritte deutlich überschätzt würde.
Doch das Syndrom ist seitdem nicht nur bei Frauen erkannt worden, sondern auch viele Männer sind betroffen.
Die Basis für das Impostor-Syndrom
Die Basis liegt bei den meisten Menschen in ihrer Sozialisation. Jeder wird in einem sozialen Milieu groß und wächst in einem bestimmten Werte-Kontext auf. Die einen kommen aus armen Haushalten, wieder andere aus wohlhabenden Verhältnissen. Dann gibt es Familien mit einem sehr sozialen Kontext oder halt gegenteilig, mit einem sehr egoistisch getriebenen Werte-System. Oft übergeordnet geprägt von dem gesellschaftlichen System, indem man aufwächst.
Wie kommt es jetzt zum Hochstapler-Syndrom (Impostor)?
Nur die Wenigsten werden in einen erfolgreichen Unternehmer-Kontext hineingeboren und dort sozialisiert. Die Meisten werden im Laufe ihre Lebens zum »Unternehmer«. Einige während der Schule, andere während oder nach dem Studium und wiederum andere wechseln im Laufe ihres Arbeitslebens in die Selbstständigkeit.
Mit dem Wechsel ins Unternehmertum bzw. mit der Selbstständigkeit sind viele Werte-Verschiebungen verbunden. Andere Themen, andere hierarchische Stellung, meist deutlich größere Zahlen und Verantwortung. Schnell kommt dann auch eine erweiterte Verantwortung für Personal. Halt unglaublich viele Dinge, die zwar spannend sind, mit denen man aber im Grunde noch nie etwas zu tun hatte.
Die Meisten versuchen diese Anpassung in der heutigen Zeit durch Selbststudium zu schließen. Klar! Das Netz ist voll mit Wissen von Anderen, die dir erklären wollen, wie »Es« richtig funktioniert. Doch wissen sie es wirklich? Wissen sie, wie du es am besten machen solltest? Ist Erfahrung unbedingt adaptierbar?
Meist nicht, und dieses Gefühl von Zweifel an der eigenen richtigen Entwicklung entsteht bei vielen Menschen ganz automatisch. Einfach, weil das Wissen meistens nicht durch Menschen übertragen wird, denen man Vertrauen schenkt.
Und schwups, ist man drin in der Spirale, die am Ende zum Impostor-Syndrom oder Hochstapler-Syndrom führen kann. Selbstzweifel ist hier das Stichwort.
Das Thema auch im Podcast:
Beispiele für das Impostor-Syndrom im unternehmerischen Kontext
Beispiel 1
Als Erstes möchte ich mich selbst erwähnen. Ich bin im Grunde sehr wohlbehütet in einem Haushalt aufgewachsen, in dem der Vater Akademiker mit guten Einkommen in einer Führungsposition war. Und einer Mutter, die als Schneiderin einen handwerklichen Beruf ausübte. Mir mangelte es an nichts, aber wir lebten auch nicht in Saus und Braus.
Nach der Schule machte ich meine Ausbildung im Mittleren Dienst der Berliner Schutzpolizei und lebte danach in »geregelter Armut« als Beamter. Im Grunde war das Einkommen ok und der Spruch ist halt einer aus dem System.
Irgendwann in meinem Leben hat es sich ergeben, dass ich in die Selbstständigkeit ging und meinem erlernten Beruf Adieu sagte. Plötzlich war ich umgeben von Akademikern, von Themen, die ich nicht richtig kannte und konnte und musste mit Zahlen jonglieren, die deutlich mehr Nullen hatten, als ich es aus der geregelten Armut kannte.
Ein gutes Selbstvertrauen hat mir in dieser Welt nicht den Schneid abgekauft und dennoch entstand auch bei mir das Gefühl am Ende für »das System« irgendwie nicht gut genug zu sein. Das war für mich eine Gefahr, weil ich mit der Selbstständigkeit ja alles auf eine Karte gesetzt hatte. Was wäre also, wenn ich als Unternehmer scheitere? Zurück konnte ich nicht und das »System« setzte in großen Teilen auf Akademiker.
Kein leichter Weg, in dem ich merkte, dass zwischen »dem alten Marco« und »dem neuen Marco« eine Kluft entstand. Dadurch, dass mein Business recht langsam wuchs, war es nie so krass, dass ich irgendwelche physischen oder psychischen Folgen spürte, aber das Gefühl war da.
Bis heute habe ich persönlich ein Probleme mit Werten, speziell im Thema wie viel Geld ist was wert. Ich komme immer besser ran und damit zurecht, aber ich merke, dass mich die gelernte »geregelte Armut« an vielen Stellen bremst.
Auch bei mir war es so, dass ich während des Agentur-Wachstums versucht habe durch Selbststudium über die Runden zu kommen. Oft habe ich mich dann an Vorbildern orientiert oder habe Entscheidungen auf Erzählungen beruhen lassen, die mehr dem Halo-Effekt folgten, als dem Bauchgefühl.
Der Knote ist bei mir im Grunde erst durch zwei ungewollte äußere Umstände geplatzt. Erstens Corona und zweitens der aktuelle Unternehmer-Boom. Corona hat mir unter Druck gezeigt bzw. bewusster gemacht, was mir wirklich wichtig sein sollte und wo ich persönlich meine Stärken habe. Der Unternehmer-Boom führt aktuell dazu, dass ich im Gesamt-Kontext selbstbewusst sagen kann, dass ich zu den Erfahrenen gehöre und die Anforderungen in den Unternehmen sich durch den massiven Personal-Mangel auch ändern.
Beispiel 2
Ein zweites Beispiel ist die Geschichte von Marco Pfann (LinkedIn Profil), die er auch bereits in einem CAMPIXX Live-Stream erzählt hat. Er gründete mit einem Geschäftspartner eine TV & Video-Produktionsgesellschaft. Diese bestand zunächst aus den beiden. Durch ein paar glückliche Zufälle wurden dann schnell Deals mit großen Sendeanstalten gemacht, welche auch mit entsprechenden Budgets verbunden waren. Innerhalb von 6 Monaten wuchsen sie auf 30 Mitarbeiter und hatten einen großen Verantwortungsbereich.
Hier öffnete sich bei Marco die Schere. Das innere Bild des »alten Marco« zu dem noch nicht existenten »neuen Marco« führte zu Selbstzweifeln. Er versuchte dann krampfhaft immer mehr zu leisten, um diese Wertlücke zu dem krass hohen Budget zu schließen. Und so kam er Stück für Stück in einen Strudel der Überforderung und damit in das, was wir hier mit dem Impostor-Syndrom oder Hochstapler-Syndrom bezeichnen. Bei ihm führte es dazu, dass er sich von dem Unternehmen »verabschiedete« und sich wieder »gesundschrumpfte«. Er begab sich in eine Jacke, die im wieder passte und die auch wieder wachsen könnte. Nur halt nicht mehr so schnell.
Welche Folgen hat das Impostor-Syndrom
Wenn man Leute über das Impostor-Syndrom oder Hochstapler-Syndrom sprechen hört, dann denkt man sehr schnell an Burnout. Ehrlicherweise liegt das gar nicht so weit auseinander. Wie oben beschrieben führt die ständige Überforderung schnell in einen Burnout.
Wie kann man sich vor dem Impostor-Syndrom sinnvoll schützen?
Im Grunde ist der beste Schutz immer ein sehr gutes Selbstvertrauen. Aber auch wenn das vorhanden ist, so kann man in die Impostor-Falle tappen. Zwei Wege sind aber vielleicht durchaus möglich:
Bewusst langsames Wachstum
Ja, es ist gerade »en vogue« radikal zu wachsen und alles Personal einzustellen, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Dennoch kann man sich bewusst für langsames Wachstum und auch ein »Einfrieren« in einen Wohlfühlbereich entscheiden. Das schützt sehr gut. In diesem Zusammenhang passt vielleicht auch das Interview mit Julian Dziki im CAMPIXX Livestream zum Thema »Brauchen Start-ups unbedingt Investoren?«. Der Talk zeigt, dass es auch langsam und organisch gehen kann.
Coaching durch wirklich gute Leute
Wie beschrieben ist ein Teil des Problems die Wissensbeschaffung durch »unsichere« Quellen. Hier kann das Coaching durch wirklich erfahrene, anerkannte und anerkannte Experten hilfreich sein. Dann entstehen oft ein besseres Selbstbewusstsein und Netzwerk, das einem reflektiert helfen kann. Und ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang: Das darf und muss durchaus etwas kosten!
Zusammenfassung zum Impostor-Syndrom bzw. Hochstapler-Syndrom
Dieses Syndrom ist verbreiteter, als man denkt und es lohnt sich einmal bewusst darüber nachzudenken, ob man betroffen ist. Das allein kann schon für eine gewisse Resilienz sorgen. Speziell, weil man dann auch andere Menschen hinterfragt und plötzlich seinen eigenen Wert in einem anderen Licht sieht.
Ganz wichtig ist aber:
Der erste Schritt ist immer, die Veränderung bei dir zu suchen. »Die Anderen« sind fast nie schuld bzw. du kannst sie nicht verändern.