Belboon und SEO2B gehen in die Insolvenz

Werbepartner
SEO2B und Belboon insolvent – Hintergründe und warum es jeden treffen kann
Zwei bekannte Namen aus der deutschen Online-Marketing-Szene sind in Schieflage geraten – die Affiliate-Plattform belboon und die SEO-Agentur SEO2B. Beide waren Teil der detailM Unternehmensgruppe, die insgesamt rund 160 Mitarbeitende beschäftigte und ein breites Leistungsspektrum im digitalen Marketing abdeckte. Nun hat eben diese Gruppe Insolvenz angemeldet. Der entsprechende Antrag wurde am 9. April 2025 beim Amtsgericht Nürnberg gestellt. Damit steht nicht nur eine Agentur oder ein Netzwerk, sondern ein ganzes digitales Ökosystem vor dem Stillstand – eines, das viele Jahre lang fester Bestandteil der Marketing- und Affiliate-Welt war. Die Nachricht kam für viele überraschend und ohne große Vorzeichen. Jetzt herrscht zunächst Unsicherheit: Ein vorläufiger Insolvenzverwalter sichert das Vermögen, verwaltet Konten und klärt offene Fragen.
Woran hat’s gelegen? Mögliche Ursachen der Insolvenzen
Wenn ein etabliertes Unternehmen plötzlich Insolvenz anmeldet, ist das selten monokausal. Im Fall von belboon/detailM dürfte eine Mischung aus Faktoren zusammengekommen sein – von der allgemeinen Marktlage bis zu internen Entscheidungen. Ein Blick auf einige mögliche Ursachen:
Angespannte Wirtschaftslage
Die letzten Jahre waren wirtschaftlich rau. 2024 stieg die Zahl der Insolvenzen in Deutschland lt. it-managent-today um über 23 % gegenüber dem Vorjahr. Auch im E-Commerce und Affiliate-Marketing gab es vermehrt Pleiten – viele langjährige Partnerprogramme und Händler machten dicht. Bei großen Affiliate-Netzwerken (Awin, Tradedoubler, CJ, belboon & Co.) sank die Zahl aktiver Partnerschaften bis Anfang 2025 deutlich, weil zahlreiche Partner ihr Geschäft einstellen mussten. Weniger Advertiser und Publisher bedeuten weniger Umsatz für ein Netzwerk wie belboon. Diese gesamtwirtschaftliche Delle dürfte das Unternehmen mit voller Wucht getroffen haben.
Harter Wettbewerb & Technologiedruck
Belboon war ein vergleichsweise kleiner Player neben Branchengrößen. Konkurrenzdruck und Innovationszwang sind in der digitalen Marketingwelt enorm. Malte Landwehr von Idealo kommentiert auf LinkedIn, dass es als kleineres Netzwerk immer schwerer werde, die nötigen Investitionen in neue Technologien (etwa KI und Machine Learning) und in qualifizierte Mitarbeiter zu stemmen. Größere Mitbewerber hatten mehr Ressourcen, um ihre Plattformen weiterzuentwickeln. Belboon musste mit begrenzten Mitteln gegen Giganten antreten – ein strukturelles Handicap. Welchen Einfluss das wirklich hatte, wissen wir nicht.
Operative Probleme, Wachstumsstrategie und Führungswechsel
Wie in jeder Firma gab es ein paar operative Probleme (Jörg Zimmer in einem Kommentar auf LinkedIn) und es wurde massiv in Wachstum einschließlich Führungswechseln investiert. Leider scheinen die Punkte in der Gesamtheit zu der Schieflage geführt zu haben. Wie genau, das können wir nicht wissen. Vielleicht ist aber jetzt eher die Zeit der Konsolidierung als die des Wachstums.
Auswirkungen auf Mitarbeiter, Kunden und die Branche
Mitarbeiter:
Plötzlich bangen rund 160 Angestellte um ihre Jobs. Von heute auf morgen wissen viele nicht, ob bzw. wie lange sie noch ein Gehalt beziehen. Eine Insolvenz ist für Beschäftigte eine extrem schwierige Situation: Man weiß nicht, wie es weitergeht – ob man bleiben kann oder sich schon nach etwas Neuem umschauen muss. Diese Ungewissheit zerrt an den Nerven und der Motivation des Teams
Publisher & Partner:
Für viele Affiliate-Publisher, die über belboon ihr Geld verdient haben, ist das ein Schlag ins Kontor. Sie müssen befürchten, auf offenen Provisionen sitzenzubleiben. Lieferanten oder Dienstleister der Agenturgruppe stehen vor massiven Verlusten, denn die Erfahrung zeigt: Die Quote für Gläubiger in solchen Verfahren ist meist dürftig. Außerdem müssen Publisher nun spontan auf andere Netzwerke ausweichen – nicht immer einfach, wenn Tracking-Links integriert sind und Kampagnen geplant wurden. Technisch und vertraglich ergeben sich jetzt viele offene Fragen für alle, die über belboon aktiv waren. Wenn du nach weiteren Affiliate-Netzwerk-Anbietern suchst, dann schau doch mal in unsere Übersicht der Affiliate-Netzwerke.
Werbekunden und Agenturen:
Auch Advertiser, also Händler und Marken, die belboon als Netzwerk genutzt haben (oder SEO2B als Agentur), stehen im Regen. Sie brauchen kurzfristig neue Partner, um ihr Performance-Marketing fortzuführen. Gerade belboon galt vielen als „verlässlicher Partner“ – eine vertraute Anlaufstelle für Affiliate-Kooperationen. Dieses Vertrauen ist nun erschüttert. Wer als Kunde auf die falsche Plattform gesetzt hat, muss schnell umlernen. Andere Netzwerke (Awin, ADCELL etc.) dürften einen Zustrom an ehemaligen Belboon-Kunden erleben. Doch der Vorfall hinterlässt Fragezeichen: Wie sehr kann man sich auf kleinere Anbieter verlassen?

Menschliche Aspekte: Keine Schadenfreude, sondern Lehren und Mitgefühl
Bei aller Analyse darf man eines nicht vergessen: Insolvenzen sind menschliche Tragödien, keine Schauspiele für billige Pointen. Ja, wir alle lieben Erfolgsgeschichten. Aber wenn Firmen scheitern, gibt es nichts zu feiern. Wer jetzt lacht, hat nichts verstanden. Schadenfreude ist fehl am Platz. Warum? Weil es verdammt schnell jeden treffen kann. Die digitale Branche ist hart und wandelbar – heute Highflyer, morgen in der Krise, das kann jedem passieren. Man stelle sich einmal die psychologische Belastung der Verantwortlichen vor. Die Gründer und Geschäftsführer haben oft ihr ganzes Herzblut in diese Firmen gesteckt. Wenn so ein Lebenswerk zerbricht, ist das mehr als ein finanzieller Verlust. Der Verlust eines Unternehmens ist für viele Unternehmer auch ein tiefer Einschnitt in die persönliche Identität. Plötzlich sieht man sich mit Gefühlen von Versagen, Scham und Unsicherheit konfrontiert. Diese emotionale Last kann enorm werden und bis zum Burnout führen.
Und es geht nicht nur den Chefs so: Auch für die Belegschaft bedeutet eine Insolvenz weit mehr als nur den Verlust des Arbeitsplatzes – Zukunftsängste, finanzielle Sorgen und ein Knacks im Selbstwertgefühl sind typische Folgen bei den Betroffenen.
Kurz gesagt: Eine Insolvenz trifft die Menschen tief ins Mark. All das heißt nicht, dass man Fehler ignorieren sollte. Im Gegenteil: Aus jedem Unternehmenscrash lassen sich Lehren ziehen – über Geschäftsmodelle, Risikomanagement, Führung und Kultur. Aber diese Lehren sollte man konstruktiv und mit Empathie ziehen, nicht hämisch. Im Fall von belboon und SEO2B wird die Szene sicherlich diskutieren, was schiefgelaufen ist (und dieser Artikel hat ein paar Anhaltspunkte geliefert). Wichtig ist jedoch der Ton: Respekt vor den Menschen, die es getroffen hat. Die meisten Gründer versuchen, das Beste zu geben – manchmal reicht es am Ende trotzdem nicht. Das tut weh.
Mehr Austausch zu diesen Themen gefällig?
Marco Janck ist Online-Marketing-Experte mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in SEO und Content-Marketing. Er ist Gründer und Inhaber der Sumago GmbH mit Sitz in Berlin. Unter diesem „Dach“ agieren die Boutique-SEO-Agentur SEONAUTEN und die CAMPIXX mit seinen Konferenz-, Fortbildung- und Informationsangeboten. Marco Janck ist aktiver Speaker auf anderen Konferenzen, wie der SMX, SEOkomm, SEO Day oder dem OMT. Weiterhin ist er aktiver und bekannter Podcast-Host in den Podcasts Wayne und Jung & Janck im CAMPIXX-Universum. Vor der Gründung von Sumago war Marco 27 Jahre lang Polizist in Berlin.