Actionfiguren mit ChatGPT - Genervt vom Trend?

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Seit ein paar Wochen taucht er überall auf – der neue Liebling der Content-Bubbles: Blister-Grafiken von personalisierten Actionfiguren, erstellt mit ChatGPT. Eingepackt, etikettiert, mit Zubehör ausgestattet, fertig zum Teilen. Und plötzlich ist der Feed voll von Persönlichkeiten, die sich selbst in schrillen Farben und kunstvollen Verpackungen inszenieren. Ein bisschen Popkultur, ein bisschen Selbstvermarktung, ein bisschen Spielerei mit künstlicher Intelligenz.
Die Kommentare darunter? Meistens irgendwo zwischen „Haha, geil!“, „Das bin ich!“ und „Wie cool ist das denn?!“. Es fallen Worte wie „Spaß“ und „Langeweile“.
Woher kommt der Actionfiguren-Trend?
Der Trend, mithilfe von ChatGPT Menschen als Actionfiguren in Blisterverpackungen darzustellen, entstand Anfang April 2025. Ausgelöst wurde er durch die Einführung der Bildgenerierungsfunktion in ChatGPT, die es Nutzern ermöglichte, eigene Fotos hochzuladen und durch präzise Prompts in realistisch gestaltete Actionfiguren zu verwandeln. Die Kombination aus einfacher Handhabung, nostalgischer Ästhetik und individueller Selbstinszenierung führte zu einer raschen Verbreitung des Trends auf Plattformen wie Reddit, TikTok und LinkedIn. Besonders in der englischsprachigen Tech- und Kreativszene wurde das Format schnell aufgegriffen und weiterentwickelt. Zuerst berichteten Tenorshare und PetaPixel vom Trend.
Hier ein Beispiel-Prompt für die Generierung:
Make a picture of a 3D action figure toy, named „[xxx character name]“. Make it look like it’s being displayed in a transparent plastic package, blister packaging model. The figure is based on the person in the photo, styled in [xxx style description], with [xxx hair detail]. At the top of the packaging, include large white text: „[xxx character name]“. Underneath, a smaller tagline: „[xxx character subtitle or role]“. The character wears [xxx outfit details]. Add supporting items next to the figure that match the character’s role, such as [xxx props]. The packaging design should be [xxx packaging style], like a [xxx toy vibe]. Make the overall art style [xxx visual style]. Also include a logo in the top right corner: [xxx initials-xxx symbol].
Warum machen gerade so viele Menschen bei diesem Actionfiguren-Trend mit – und was steckt wirklich dahinter?
Vielleicht lohnt es sich, mit drei einfachen Annahmen zu arbeiten:
Viele spielen gerade einfach nur mit der KI – ohne einen wirtschaftlich nachvollziehbaren Sinn zu verfolgen.
Die technischen Möglichkeiten, die heute mit wenigen Klicks zur Verfügung stehen, waren noch vor einem Jahr fast undenkbar. Jetzt kann jeder innerhalb von Sekunden aus einem Selfie eine popkulturell aufgeladene Actionfigur machen – mit individuell gewähltem Titel, passendem Farbkonzept und einer guten Portion Selbstinszenierung.
Doch bei vielen der aktuell kursierenden Blister-Posts scheint es nicht darum zu gehen, eine echte Message zu vermitteln oder einen inhaltlichen Impuls zu setzen. Stattdessen stehen Spieltrieb, Neugier und der Überraschungseffekt im Vordergrund. Der „Wow“-Faktor ist der eigentliche Inhalt.
Es ist ein bisschen wie Karneval im Content-Bereich – man verkleidet sich, man testet Rollen, man provoziert vielleicht ein bisschen. Und das ist per se gar nichts Schlechtes. Aber die schnelle Viralität führt dazu, dass viele auf den Zug aufspringen, ohne zu hinterfragen, was sie da eigentlich zeigen – oder warum.
Kommentare wie „Ich hatte Langeweile“, „Hab’s mal ausprobiert“ oder „Nur aus Spaß“ sind ehrlich – und zeigen gleichzeitig, dass das Format oft nicht mehr ist als eine Spielerei. Eine digitale Mutprobe unter Content-Kollegen. Ohne Ziel. Ohne Tiefe. Nur ein Moment im digitalen Strom.
Reicht das in Zukunft?
Gleichzeitig leben wir in einer Arbeitswelt, die für viele extrem verdichtet ist
Der Druck in vielen Berufen ist hoch. Die To-do-Listen sind lang, der Alltag ist oft getaktet bis zur letzten Minute. Selbstverwirklichung, Reflexion oder kreative Freiräume bleiben da gerne mal auf der Strecke. Genau in dieses Spannungsfeld platzen dann solche Spielereien wie die KI-Blister Hype – niedrigschwellig, schnell gemacht, mit hohem Feedback-Potenzial.
Für viele fühlt sich das an wie eine kleine kreative Flucht: Mal kurz aus der eigenen Rolle raus, mal jemand anderes sein. Oder sich selbst neu erzählen – ohne Deadlines, ohne Erwartungsdruck, ohne Corporate-Kontext. Da wirkt so eine bunte Grafik wie eine persönliche Erlaubnis, sich kurz nicht ernst nehmen zu müssen. Gleichzeitig ist es eine Möglichkeit, im eigenen Netzwerk mal wieder sichtbar zu werden – aber ohne den Aufwand eines elaborierten Artikels oder eines langen Thought-Leadership-Posts.
Manche würden sagen: Eskapismus. Andere: dringend nötiger Ausgleich. Vielleicht ist es einfach beides. Denn in einer Welt, in der Leistung oft wichtiger ist als Ausdruck, bietet diese Art der Selbstdarstellung einen Raum, in dem man nicht funktionieren muss – sondern einfach mal sein darf.
Und vielleicht – und das ist der spannendste Gedanke – ist das Ganze einfach ein Phänomen auf dem Weg, den Umgang mit KI zu lernen
Wir stehen alle noch ganz am Anfang. Die Technologien sind neu, sie entwickeln sich rasant weiter, und wir als Gesellschaft, als User:innen, als Kommunikationsmenschen – wir müssen erst lernen, wie man damit sinnvoll umgeht.
Dass dieser Lernprozess nicht immer linear verläuft, ist völlig normal. Menschen haben schon immer übertrieben, ausprobiert, imitiert – erst recht, wenn ein neues Werkzeug plötzlich greifbar ist. Die ersten Gehversuche mit KI sind deshalb oft laut, bunt, überinszeniert – weil wir noch nicht wissen, wie subtil, wie elegant, wie differenziert wir damit umgehen können. Vielleicht muss es genau so laufen: Übertreibung, Übersättigung, Erkenntnis. Erst durch die Reibung und den Überdruss entsteht ein Gefühl für Relevanz. Erst durch das Ausreizen des Tools begreifen wir, was wirklich geht – und was wir eigentlich wollen.
In diesem Sinne ist der Blister Hype vielleicht gar kein oberflächlicher Trend, sondern ein kollektives Lernlabor. Eine Phase des kindlichen Entdeckens, bevor wir erwachsener mit dieser Technologie umgehen.
Und wie bei jeder neuen Möglichkeit, ist es am Ende nicht die Technik, die entscheidet, sondern die Haltung der Menschen, die sie benutzen.
Wie viel Energie verbraucht der ChatGPT Actionfiguren-Trend?
Der aktuelle Hype, sich selbst als Actionfigur in einer Blisterverpackung von einer KI gestalten zu lassen, wirkt auf den ersten Blick wie ein harmloser, kreativer Social-Media-Trend. Ein bisschen Spielerei, ein bisschen Selbstinszenierung, ein paar Likes – alles digital, alles leicht. Doch wie bei fast allen digitalen Bewegungen lohnt sich ein Blick hinter die Oberfläche. Denn: Auch dieser Trend hat einen energetischen Fußabdruck.
Technisch gesehen basieren die Blister-Grafiken auf der Bildgenerierung durch KI-Modelle wie DALL·E, Midjourney oder ChatGPTs integrierter Bildfunktion (GPT-4o). Diese Systeme laufen nicht auf deinem Smartphone, sondern auf riesigen GPU-Clustern in Rechenzentren – meist von Microsoft, Google oder Amazon betrieben. Und genau dort entsteht der Energieverbrauch: Jeder Bild-Output zieht Rechenleistung – und damit Strom.
Schätzungen zufolge verbraucht eine einzelne KI-generierte Grafik etwa 0,5 bis 1,5 Wattstunden. Das klingt nach wenig, ist aber nur der Anfang. Sobald ein Trend viral geht – wie dieser –, vervielfacht sich die Nutzung rasant. Wenn beispielsweise 1.000.000 Menschen je drei Blisterbilder generieren, kommt man auf rund 3.000.000 Wattstunden, also etwa 3 Megawattstunden. Das entspricht dem durchschnittlichen Monatsverbrauch von 10 Einpersonenhaushalten in Deutschland.
Natürlich liegt dieser Verbrauch im Vergleich zu anderen digitalen Aktivitäten wie dem Training großer Sprachmodelle oder Video-Streaming noch im moderaten Bereich. Aber er zeigt eines sehr deutlich: Auch kreative Spielereien im Netz sind nicht kostenlos – zumindest nicht für Umwelt und Infrastruktur.
Der Blister-Trend steht damit exemplarisch für eine größere Frage unserer Zeit: Wie bewusst gehen wir mit den neuen Möglichkeiten um, die uns KI bietet? Müssen wir jedes neue Tool sofort maximal ausreizen, nur weil es geht? Oder fangen wir an, auch digitale Trends unter dem Aspekt von Ressourcen, Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit zu betrachten?
Fakt ist: Der KI-Blister mag leicht und verspielt wirken – doch auch er ist Teil einer massiven, globalen Daten- und Energiebewegung. Und wie bei jeder Bewegung gilt: Die Frage ist nicht, ob sie Energie kostet. Die Frage ist: Wofür setzen wir sie ein?

Und doch gilt auch hier: Wirklich gut funktioniert dieser Hype vor allem für die, die früh dran waren.
Für die First-Mover, die mit einem überraschenden Bild inmitten des Standard-Contents echte Aufmerksamkeit erzeugen konnten. Da war es noch neu, da war es noch mutig, da war es noch „anders“. Doch wie bei fast jedem viralen Format liegt der Reiz in der Überraschung – und der verpufft in dem Moment, in dem plötzlich alle mitmachen.
Was folgt, ist die bekannte Social-Media-Dynamik: Je mehr solcher Blister auftauchen, desto weniger Wirkung entfalten sie. Statt Staunen und Schmunzeln kommt genervtes Scrollen. Statt Sichtbarkeit entsteht Überdruss. Und das ist der Kipppunkt, an dem aus einer charmanten Idee ein weiterer ermüdender Trend wird.
Und gleichzeitig passiert das alles in einem größeren Kontext:
Wir bewegen uns gerade durch eine Zeit, in der die Aufmerksamkeitsökonomie auf einem absoluten Höhepunkt zu sein scheint. Betrieben und befeuert von dem, was aktuell mit Donald Trump und Elon Musk in und rund um das Weiße Haus geschieht – eine Bühne, die mehr an eine Reality Show erinnert als an Politik. Die Grenzen zwischen Information, Inszenierung und Provokation verschwimmen dabei täglich mehr. So viel Drama, so viel Lautstärke, so viel Ablenkung hatten wir vielleicht noch nie.
In dieser Umgebung wird Sichtbarkeit zur Überlebensstrategie – auch für Einzelpersonen. Wer nicht auffällt, verschwindet. Wer keine Rolle spielt, wird nicht wahrgenommen. Und genau das ist vielleicht der tiefere Grund, warum der Blister Hype so zündet: Er ist bunt, er ist laut, er ist greifbar. Ein Versuch, inmitten eines medialen Dauerrauschens überhaupt noch kurz Aufmerksamkeit zu bekommen – auch wenn’s nur für einen Like lang ist.
Und vielleicht stehen wir genau jetzt an einem Punkt, an dem wir uns bald entscheiden müssen:
Wohin stecken wir unsere begrenzte Kraft?
In die Weiterentwicklung unserer echten, manchmal unbequemen, aber authentischen Persönlichkeit? Oder in die immer neuen Möglichkeiten der KI-gestützten Inszenierung, die uns glänzen lässt – aber auch ein Stück weiter von uns selbst entfernt?
Vielleicht ist das die eigentlich spannende Frage hinter dem Blister-Hype. Du oder die AI?
Vielleicht ist die Antwort darauf gar nicht digital.

Noch mehr AI-Infos gefällig?
Die bekommst du am 11. Juni 2025 auf der AI:CAN in Berlin.
Weitere kreative Beispiele von ChatGPT Actionfiguren
Marco Janck ist Online-Marketing-Experte mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in SEO und Content-Marketing. Er ist Gründer und Inhaber der Sumago GmbH mit Sitz in Berlin. Unter diesem „Dach“ agieren die Boutique-SEO-Agentur SEONAUTEN und die CAMPIXX mit seinen Konferenz-, Fortbildung- und Informationsangeboten. Marco Janck ist aktiver Speaker auf anderen Konferenzen, wie der SMX, SEOkomm, SEO Day oder dem OMT. Weiterhin ist er aktiver und bekannter Podcast-Host in den Podcasts Wayne und Jung & Janck im CAMPIXX-Universum. Vor der Gründung von Sumago war Marco 27 Jahre lang Polizist in Berlin.